X


a
das bewusstsein, das schönste
aller kleider.
im traum vergeht die zeit
nicht, während der körper die stunden
des schlafs altert. es ist die form die
stirbt, und die seele, die verschwindet.
was glaubst du, woher du kommst?
ein schriftsteller ist ein voyeur
mit vokabular. ohne ein subjekt exis-
tiert der schriftsteller nicht. ohne eine
geschichte ist der schriftsteller nackt.
angezogen ist der schriftsteller ein
schöpfer.
ich habe sie, deshalb bin ich
nicht nackt.
ich bin nicht nackt, weil sie mir gehört.
fraglich ist, ob es wichtig ist zu be-
schreiben wie sie aussieht.
- nicht für jetzt.
stattdessen möchte ich von
einer kuriosität berichten.
ich vergewissere ihnen, sie
keineswegs für dumm verkaufen zu
wollen, deshalb manifestieren sie bitte
nicht soetwas wie eine art unsichtbar-
keit, transluzenz; auch wenn ich sie
dem subjekt anhängen möchte, denn
das wäre freilich alles blödsinn.
vielmehr möchte ich beschrei-
ben, dass sie die ungewöhnliche gabe
zu besitzen scheint sich für unbestimmt
lange zeit in einer gesellschaft aufhal-
ten zu können, dort zu artikulieren,
gestikulieren, um nicht nur ungesehen
zu verschwinden, sondern weg zu sein,
ohne eine einzige erinnerung im kol-
lektiv geschaffen zu haben.
wenn sie geht, wissen men-
schen nicht mehr wie sie aussieht, wenn
sie verstummt, können andere sich
nicht an ihre stimme erinnern, sie kön-
nen ihren geruch nicht sortieren, weil
sie ihn schlicht vergessen haben.
sie ist formlos nicht aber ge-
sichtlos, und manchmal passiert es, dass
sie es getrieben vom verantwortungslo-
sen exhibitionismus einem fremden auf
der straße zeigt, es ist vermutlich über-
griffig, weil dort zumeist nur nacktheit
lauert.
sie weiß das, deshalb teilt sie
es nur in der ferne, ohne vokabular.
sie verschenkt ihre seele an den stra-
ßenverkäufer und doch, sie steht in der
zentrum und bleibt unsichtbar.
würde die beschreibung hier
enden, müsste wohl angenommen wer-
den, dass sie ein stilles leben als unge-
sehenes subjekt führt, aber nun ist es
doch so, dass sie hin und wieder, zu-
meist aus langeweile, etwas im grunde
ganz normales tut.
sie taucht auf.
die ungewöhnlichkeit ist: sie war die
ganze zeit schon da.
wenn sie entscheidet gesehen
zu werden dann ist es die leisteste aller
stattfindenden ereignisse und deshalb
keine störung irgendwelcher vorgänge
- ich möchte sagen: es bleibt schlicht
unbemerkt.
geboren aus der subtilität ist
sie plötzlich einfach da; mit einer zi-
garette in der hand, einem lächeln auf
den lippen; [...]
dann,
dort, an der oberfläche,
blüht sie.
und wird das stigma aller.
wissen sie, was mit einer blüte passiert?


b
ich liebe alle meine liebhaber,
weil ich ihre erinnerungen als schattier-
te male unter der haut platziere.
es ist ein werk von hyroglyphen das
existiert um das unterfleisch zu deko-
rieren, getragen als privatkollektion.
sicher, sicher ... ein paar sollten dort
nicht sein, aber ich behalte sie, so ist es
nun mal.
wissen sie, ich bin ein bedeckter cha-
rakter, dort wäre nur stille, wenn meine
attraktion nicht dem menschen gälte.
in dem raum roch es nach
hund, auch wenn kein hund anwesend
war.
ich habe mich nicht bewegt,
als sie gesprochen hat.
ich kann ihnen nicht sagen,
wie lange das gedauert hat, ich habe
zugehört.
nichts von dem was ich gehört habe,
resonierte mit etwas, das ich schonmal
gehört hatte, denken sie an den wirbel-
sturm auf dem saturn ... es schien mir
fahrlässig, dem körper in diesen mo-
menten bewegung zu gewähren.
ich war still, weil ich gehört
habe was mir gesagt wurde.
und jetzt sitze ich still, weil ich nach
textur für meine erinnerung suche.


c
der raum ist so groß, dass in
keine richtung eine wand zu erkennen
ist.
dennoch scheine ich zu wissen, dass
dort wände sind, es ist eine schlussfol-
gerung, aber ich kann nicht beantwor-
ten woraus.
ich denke, dort sind wände,
weil es sinnlos ist, dass dort keine sind,
der raum scheint nicht ins unendliche
erweiterbar, aber unendlich teilbar, so
fühlt es sich an und groß genug ist er
auch, glaube ich.
vielleicht erscheint es als schutzraum,
weil ich ein zuhause brauche, vielleicht
ist es meine limitation die dort in der
ferne wände errichtete, ich weiß es
eben nicht, gesehen habe ich noch nie
eine.
es ist nicht so, dass ich abgeschweift
bin, vielmehr waren diesmal ihre worte
die statik jenen raumes.
ich habe mich an diesem ort
noch nie bewegt und ich bin mir nicht
sicher, ob ich dazu überhaupt privile-
giert bin.
ich weiß, dass der raum einen boden
besitzt und ich denke, dass ich ihn se-
hen könnte, würde ich nach unten bli-
cken.
ich habe noch nie nach unten gesehen,
vielleicht ist es nicht vorgesehen.
ich akzeptiere das.
da ist trotzdem ein boden.
stellen sie sich vor da wäre kein boden,
oder nur direkt unter den fußsohlen,
ich habe höhenangst, nein, da ist bo-
den, ich werde nicht nach unten sehen.
da muss einer sein, sonst wäre es keine
realität.
über die decke habe ich noch nie nach-
gedacht, ein dach gibt es aber sicher-
lich nicht. ich weiß, dass ich nach oben
sehen kann.
oben ist viel los, aber am meis-
ten passiert vorne mitte rechts, selten
mal was links.
unten passiert nichts oder nicht viel, da
ist ja der boden, aber sicher weiß ich
auch das nicht, ich sehe ja nicht nach
unten...
der raum ist leer und auch das
weiß ich einfach so.
da war jedenfalls noch nie etwas als ich
angekommen bin.
manchmal ist da was und man müsste
jetzt sagen es ist da nach gewisser zeit,
aber es war dann wiederum schon die
ganze zeit da, auch wenn der raum am
anfang leer war.
da war zum beispiel mal ein
pferd überall, wobei es erneut wichtig
ist auf das wort überall hinzuweisen.
ich glaube ich befand mich in der in-
nenseite des pferdes.
ich habe mich nicht als pferd gefühlt,
das pferd wiederum hatte dennoch kei-
nen eigenen charakter.
da war auch mal ein stuhl ... da muss
also ein boden sein.
der hocker war eigentlich nicht weit
weg, aber wenn ich jetzt darüber nach-
denke muss ich wohl bestätigen, dass
bewegung nicht vorgesehen ist.
es ist gar so als wäre mir be-
reits das denken darüber verboten.
es ist immer gleich warm dort, aber
manchmal ist es dennoch wie ein fie-
bertraum.


d
der erste war jemand, an den
sie sich erinnert, und es dennoch nie
tut.
in der zeit, in der sie ungesehen ist, tut
sie nichts als sich selbst zu gefallen, und
sie tut gut darin.
es ist der klartraum, ein moment des
inhalierens, es ist nicht so, dass ihr das
außerhalb egal ist, vielmehr muss es be-
schrieben werden als eine große unter-
suchung, sie spricht, aber sie erzählt
von keinem ihrer gedichte.
in diesen momenten ist sie
nackt, aber sie existiert.
ich denke nicht, dass die anderen sie
nackt sehen.